Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Ich bin 2008 von Berlin nach Quedlinburg gezogen.

 

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Nach meiner mittleren Reife 1994 besuchte ich für zwei Jahre eine Berufsoberschule für Sozialwesen, dann arbeitete ich in verschiedenen Firmen im Bereich Soziales und Medien/Kommunikation, zuletzt habe ich bei JazzRadio in Berlin als SalesAgent gearbeitet.

2005 begann ich eine Ausbilung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin, die ich 2008 erfolgreich abschloss. Seit dem arbeite ich in Quedlinburg im Harzklinikum als Krankenschwester in verschiedenen Abteilungen.

 

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Ich stamme aus einer Familie, in der man sich politisch äußert und verhält. Eine Meinung zu haben, und diese auch zu vertreten, das gehörte bei uns zum guten Ton. (Ich glaube, ganz einfach war das für meine Eltern nie). Und ich stamme aus einer politischen Generation. Wir sind diejenigen, die die Wendejahre an der Schwelle zum Erwachsensein erlebt haben. Das macht etwas mit einem.

 1995 wurde ich in Berlin in die Bezirksverordnetenversammlung des Stadtbezirkes Köpenick gewählt. Ich kandidierte damals auf der offenen Liste der PDS. Nach einer Legislatur hat mich mein persönliches Leben in eine andere Ecke Berlins verschlagen und ich hatte andere Prioritäten als Politik. Die hat mich nach meinem Umzug nach Quedlinburg wieder gepackt, weil hier – in einer Kleinstadt – der Nutzen und die Macht guter kommunalplitischer Entscheidungen unmittelbar und konkret erlebbar sind. Und über die kommunale ging es dann irgendwann auf die Landesebene.

Was treibt Sie an?

Die Lust am Gestalten und ein Gefühl der Verantwortung für die Menschen, die jetzt leben und vor Allem für die, denen wir unsere Stadt, unser Land, unsere Welt einmal hinterlassen werden.

 

Was haben Sie sich im Falle Ihrer Wahl in den Bundestag vorgenommen? Welche persönlichen Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Ich glaube, eine der großen Herausforderungen unserer Zeit ist die Frage, wie wir die pflegerische und medizinische Versorgung in Deutschland gestalten wollen. Im Moment zeigt sich immer öfter, dass wir schon bei der Sicherstellung an unsere Grenzen stoßen. Da ist Umsteuern notwendig. Wir brauchen mehr als immer neue Pflegestärkungsgesetze, die am Ende nur zu einem Flicken reichen an der Decke, die trotzdem irgendwie zu klein und löchrig bleibt. Wir brauchen prinzipielle Überlegungen, wie es gelingen kann, dass genügend gut ausgebildete Pflegekräfte sich um unsere Alten und Kranken kümmern, dass Hebammen in ausreichender Zahl unsere Kinder auf die Welt holen und dass flächendeckend Haus- und Fachärzte, Therapeuten, Psychologen für alle, die sie brauchen auch da sind. Als berufspolitisch engagierte Krankenschwester möchte ich mich dabei einbringen.

Was wollen Sie für Sachsen-Anhalt und Ihren Wahlkreis im Bundestag bewegen?

Im Harzkreis bietet die Gesundheitswirtschaft einen großen Teil der Arbeitsplätze, insofern ist dieses Themenfeld auch bei uns ganz konkret von Bedeutung. Darüber hinaus wird die Gestaltung der notwendigen Energie- und Mobilitätswende sehr wichtig für Sachsen-Anhalt sein.

Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Themen der kommenden Legislaturperiode und warum?

Energiewende – unabdingbar zur Rettung des Klimas.

Mobilitätswende – Verringerung des CO2-Ausstosses, Verringerung Feinstaubbelastung, Ressourcenschonung

Soziale Gerechtigkeit – weil Ungerechtigkeit die Gesellschaft spaltet und es nicht auszuhalten ist, wenn ein reiches Land wie Deutschland Menschen einfach ausklinkt und abhängt.

Wie stehen Sie selbst zur Demokratie in Deutschland, gibt es da Veränderungsbedarf?

Demokratie ist ein hohes und wertvolles Gut. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten demokratishe Prozesse zu leben und sie werden in Deutschland an vielen Stellen auch ganz unterschiedlich gelebt. Insofern gibt es „die Demokratie“ eigentlich garnicht. Die demokratische Verfasstheit unseres Staates ist im Grundgesetz gut und sicher festgelegt.

Was halten Sie persönlich für das größte Problem in unserer Gesellschaft und wie wollen Sie das lösen?

Ein großes Problem ist das Misstrauen Vieler gegenüber politischen Prozessen im Allgemeinen und Parteien/PolitikerInnen im Besonderen. Da wird eine politische Kaste konstruiert, der persönliche Eigenschaften per se aberkannt, und die man dann auch nicht mehr als Menschen und BürgerInnen wahrnehmen muss. Positive Beweggründe für politisches Engagement werden negiert, statt dessen werden Habgier, Abgehobenheit, Desinteresse und purer Machtwillen unterstellt. Das ist fatal, weil es in den meisten Fällen nicht der Wirklichkeit entspricht, und weil es der Demokratie schadet, wenn „das Volk“ sich von „Volksvertretern“ nicht vertreten fühlt. Hier kann nur echter Austausch, tatsächlicher authentischer Dialog helfen. Und vielleicht weniger dickes Fell.