Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Seit meiner Geburt 1975.

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Nach meinem Abitur bin ich nach Berlin gegangen, um Kommunikationswissenschaften zu studieren – ich wollte Journalist werden. 2002 habe ich „die Seiten gewechselt“ und bin seitdem Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Politisiert hat mich die Wendezeit. Im Winter 1989/90 habe ich mich einer Jugendgruppe der PDS angeschlossen und im März 1990 bei meinem ersten Wahlkampf mitgemischt. 1992 folgte dann der Eintritt in die PDS, seitdem bin ich in verschiedenen Funktionen in der Partei aktiv.

Was treibt Sie an?

Der Spaß daran, als Politiker die Chance zu haben, aktiv etwas verändern zu können, anstatt nur zu meckern.

Was haben Sie sich im Falle Ihrer Wahl in den Bundestag vorgenommen? Welche persönlichen Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Nicht vergessen, wo man herkommt – wer aus dem Osten gewählt wird, sollte nicht aus den Augen verlieren, dass es noch eine Menge an Benachteiligungen für Ostdeutsche – ob 18 oder 80 – gibt. Mein wichtigstes Ziel ist, für andere Mehrheiten im nächsten Bundestag zu kämpfen, damit sich endlich etwas ändert.

Was wollen Sie für Sachsen-Anhalt und Ihren Wahlkreis im Bundestag bewegen?

Sachsen-Anhalt wie auch der Wahlkreis 66 gehören zu den Regionen, die in den vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht mit immer weniger zufrieden sein mussten: weniger Lehrer, weniger Polizei, weniger öffentlicher Nahverkehr, weniger Kultureinrichtungen, weniger Schulen... Das liegt vor allem an einer schlechten Finanzausstattung und an dem falschen Dogma „weniger Staat ist mehr“. Das muss sich ändern.

Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Themen der kommenden Legislaturperiode und warum?

1) Mehr soziale Gerechtigkeit durch ordentliche Renten, einen höheren Mindestlohn und den Kampf gegen Kinderarmut. 2) Eine friedliche Außenpolitik durch konsequentes Abrüsten statt den Rüstungsetat zu verdoppeln, wie es die Große Koalition gern hätte, und einen Stopp aller Waffenexporte. 3) Der Kampf gegen Rechts, gegen Ausgrenzung und Fremdenhass, für eine offene und demokratische Gesellschaft.

Wie stehen Sie selbst zur Demokratie in Deutschland, gibt es da Veränderungsbedarf?

Ja, den gibt es. Das fängt bei den Parteien an, die erheblich an Glaubwürdigkeit eingebüßt haben und darum immer weniger Menschen mobilisieren können. Nach der Wahl das zu tun, was man vor der Wahl angekündigt hat, ist eine Grundvoraussetzung, damit Menschen unserem demokratischen System vertrauen (können). Und ebenso muss Schluss damit sein, dass sich große Konzerne und Unternehmerverbände die Parteien durch Millionenspenden „einkaufen“. Unabhängige Politik funktioniert nur ohne solche Abhängigkeiten.

Was halten Sie persönlich für das größte Problem in unserer Gesellschaft und wie wollen Sie das lösen?

Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. 40 Prozent der Menschen haben heute netto weniger in der Tasche als 1990, und gleichzeitig haben ganz wenige immer mehr. Das treibt Gesellschaft auseinander, nimmt vielen eine sichere Perspektive und spielt rechten Hetzern in die Hände. Den Reichtum der wenigen haben die vielen mit ihrer harten Arbeit erst ermöglicht – und die müssen endlich auch etwas davon haben.