Interview

Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?

Ich habe nie woanders gelebt.

 

Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?

Nach meiner schulischen Ausbildung erlernte ich den Beruf des Heizungsinstallateurs.

Nach der Wende arbeitete ich bei DHL, absolvierte in dieser Zeit ein Fernstudium zum Speditionskaufmann und arbeitete nach erfolgreichem Abschluss des Studiums bei einer holländischen Spedition als Disponent. Seit 2011 bin ich Warendisponent bei einem Lebensmittelhersteller und dort seit 2015 Abteilungsleiter.

 

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Ich war immer politisch interessiert, mochte aber dass das „Konstrukt“ Partei nicht. Ich bin nicht der Typ, der um irgendwelche Posten zu erlangen Kompromisse in der Darlegung der eigenen Standpunkte eingeht. Bin ich von der Richtigkeit meiner Ansicht überzeugt, wäre „Parteidisziplin“ einzuhalten für mich undenkbar. In einer Ein-Themen-Partei, wie es das Bündnis Grundeinkommen ist, besteht diese Gefahr nicht und wenn man das Thema Klasse findet, dann kann man sich auch engagieren und Verantwortung übernehmen.

 

Was treibt Sie an?

Wie werden wir in der Zukunft leben und miteinander umgehen? Ein sehr spannendes Thema für mich und beschäftigt man sich damit, wird einem sehr schnell klar, dass es dafür keinerlei Konzepte gibt. Wir brauchen eine neue Idee, eine neue Vision die uns alle trägt, die uns allen ein Leben auf Augenhöhe ermöglicht. Im Zuge der Digitalisierung werden wir auf dem Arbeitsmarkt Veränderungen erleben deren Ausmaß uns vor gewaltige Probleme stellen wird. Was passiert mit den Menschen, wenn die Arbeit immer mehr von Maschinen und Robotern erledigt wird? Ich finde es gut, wenn der Mensch die Freiheit hat sein Leben zu gestalten wie er es mag, aber dazu müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden und das möchte ich erreichen indem ich die Diskussion über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in die Gesellschaft trage.

 

Was haben Sie sich im Falle Ihrer Wahl in den Bundestag vorgenommen? Welche persönlichen Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Der Einzug in den Bundestag ist kein realistisches Ziel, aber es ist wichtig eine hohe Anzahl an Wählerstimmen mit der Zweitstimme zu erreichen. Nur so wird der politische Druck aufgebaut der die etablierten Parteien dazu zwingt sich mit dieser Thematik zu befassen. Eine Partei die es am Wahltag genau ein Jahr gibt hat es in diesen 12 Monaten geschafft in allen Bundesländern auf dem Wahlschein zu stehen, meines Wissens nach ein bisher einmaliger Vorgang. Das Thema wird diskutiert, Ziel erreicht! Sollte es Wiederwarten doch reichen die 5 % Hürde zu erreichen ist es mein Ziel, eine Enquete Kommission (überfraktionelle Arbeitsgruppen, die langfristige Fragestellungen lösen sollen) im Bundestag einzurichten. Eines darf man nicht vergessen, wir sehen keine der demokratischen Parteien als Gegner an, vielmehr suchen wir die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Es geht uns nicht um politische Macht, es geht uns um das Thema und nicht umsonst steht in unserer Satzung, dass das Bündnis Grundeinkommen sich auflösen wird, wenn das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt wurde, auch dies dürfte in unserer Parteienlandschaft einmalig sein.

 

Was wollen Sie für Sachsen-Anhalt und Ihren Wahlkreis im Bundestag bewegen?

Die Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen und die Möglichkeiten die es uns bietet muss in das Bewusstsein eines Jeden getragen werden, dafür setze ich mich ein. Ein Grundeinkommen hätte Auswirkung auf so viele Bereiche in unserem Leben, nutzen wir die Chance die es uns bietet und beginnen wir als Architekt ein neues System für unsere Zukunft aufzubauen, denn das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Also diesmal auf eine Entwicklung, die abzusehen ist, vorbereitet sein und nicht dieser Entwicklung, so wie immer, hinterherhecheln - agieren statt zu reagieren sollte unser Motto sein.

 

Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Themen der kommenden Legislaturperiode und warum?

1.      Der soziale Friede muss wiederhergestellt werden. Die Schere zwischen arm und reich klafft immer weiter auseinander, soziale Unruhen werden die Folge sein

2.      Die Ressourcen des Planeten sind nicht unendlich, das wissen alle, aber es wird nicht gehandelt. Neue Strategien müssen gefunden werden und sie müssen umgesetzt werden. Unendlicher Wachstum ist nicht möglich und wir müssen Wege finden, dass alle ein menschenwürdiges Dasein fristen können.

3.      Die Problematik der Flüchtlinge wird uns weiter begleiten und wird sich noch verschärfen. Wir können die Problematik nur in den Griff bekommen, wenn wir den Menschen in ihrer Heimat ein Leben ermöglichen, das sie nicht zwingt diese Heimat zu verlassen um zu überleben.

 

Wie stehen Sie selbst zur Demokratie in Deutschland, gibt es da Veränderungsbedarf?
In Deutschland weiß man immer weniger zu schätzen was es bedeutet in einer Demokratie zu leben. Viele sind unzufrieden mit der Situation und meckern, einbringen wollen sie sich aber nicht. Aber gerade davon lebt Demokratie und es bedarf ganz vieler Menschen um demokratische Fortschritte zu erreichen. Das Bündnis Grundeinkommen hat sich auch deshalb gegründet, da unsere Verfassung das Instrument einer Volksabstimmung nicht vorsieht. Das mag bei der Gründung Deutschlands 1949 in Anbetracht der Vorgeschichte seine Berechtigung gehabt haben, ist aber nicht mehr zeitgemäß. Die Bürger nur vor Wahlen einzubeziehen sollte nicht mehr unser Weg sein und möchte man mehr Beteiligung an demokratischen Entwicklungen erreichen, muss man den Wählerinnen und Wähler auch ermöglichen sich ständig und aktiv einzubringen, Volksabstimmungen wären hier ein gutes und demokratisches Mittel.

 

Was halten Sie persönlich für das größte Problem in unserer Gesellschaft und wie wollen Sie das lösen?
Es gibt sehr viele Probleme die angegangen werden müssen, viele haben auch einen globalen Hintergrund und sind nicht nur auf Deutschland beschränkt. Der Klimawandel macht eben nicht an Grenzen halt und das Konsumverhalten der Industriestaaten lässt den Menschen in der dritten Welt keine andere Wahl als dahinzugehen, wo man den eigenen Kindern nicht beim Sterben zuschauen muss. In Anbetracht dieser beiden großen Probleme erscheinen die deutschen Schwierigkeiten als klein und bedeutungslos und vor allem als lösbar.