Interview
Wie lange leben Sie schon in Sachsen-Anhalt?
Ich bin gebürtige Sachsen-Anhalterin und wurde 1981 in Sangerhausen geboren.
Auf welche Ausbildung und welche beruflichen Erfahrungen blicken Sie zurück?
An der Hochschule Harz studierte ich von 2000 bis 2004 Tourismuswirtschaft (Wernigerode) und ab 2005 Verwaltungsökonomie (Halberstadt). 2009 machte den Abschluss als Diplom-Verwaltungsökonomin (FH). Von 2009 bis 2011 war ich Projektmitarbeiterin im Projekt juEx (Junge Existenzgründerinnen) beim Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e. V. in Magdeburg. Von 2011 bis 2016 vertrat ich als Landtagsabgeordnete den Wahlkreis Wernigerode im Landtag von Sachsen-Anhalt. Seit 2016 arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Bundestagsabgeordneten Roland Claus.
Wie sind Sie zur Politik gekommen?
Politisch geprägt hat mich in meiner Familie vor allem mein Großvater, der Bergmann im "roten Mansfeld" war. Den Zielen der politischen Linken für eine sozial gerechtere und friedlichere Welt fühle ich mich seit meiner Jugend verbunden. Als Studentin nahm ich im Jahr 2006 am Mentoringprogramm der LINKEN-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt teil, gefolgt von einem Praktikum im Jahr 2009. Im Jahr 2008 trat ich in Wernigerode in DIE LINKE ein.
Was treibt Sie an?
Die Menschen in unserer Region haben eine starke Stimme im Bundestag verdient, die sich für die Interessen der Mehrheit und nicht für die einer kleinen Elite stark macht. Seit 27 Jahren werden wir bei der Westangleichung hingehalten. Viele wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Löhne und Renten sinken, Leiharbeit ist oft die Regel, statt die Ausnahme. Für milliardenschwere Steuergeschenke an Superreiche, für Kriegseinsätze und die Rüstung ist Geld da, für Lehrer und Polizisten, unsanierte Kitas und Straßen fehlt aber das Geld. In vielen Städten und Gemeinden regiert seit Jahren der Rotstift.
So kann und darf es nicht weitergehen. Wir wollen den Sozialstaat wieder herstellen, für Bildungs- und Steuergerechtigkeit sorgen. Wir wollen den Menschen ihre Stimme und ihre Würde zurückgeben, die ihnen die Politik des Sozialabbaus genommen hat.
Was haben Sie sich im Falle Ihrer Wahl in den Bundestag vorgenommen? Welche persönlichen Schwerpunkte wollen Sie setzen? Was wollen Sie für Sachsen-Anhalt und Ihren Wahlkreis im Bundestag bewegen?
Mir war und ist es sehr wichtig, vor Ort ansprechbar und präsent zu sein. Diese bürgernahe Wahlkreisarbeit, die Menschen da abzuholen, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben und ihre Sprache zu sprechen, ohne ihnen nach dem Munde zu reden, hat mir bereits in meiner Zeit als Landtagsabgeordnete zwischen 2011 und 2016 viel Spaß gemacht. Dadurch konnte ich mir einen sehr guten Einblick in die Gedanken, Sorgen und Nöte der Menschen meines Wahlkreises verschaffen. Diese Wahlkreisarbeit möchte ich ebenfalls als Bundestagsabgeordnete weiterführen.
Als Sprecherin für Verwaltungsmodernisierung habe ich im Landtag die Personalpolitik betreut und in enger Zusammenarbeit mit Personalräten und Gewerkschaften einen Gesetzentwurf zum Personalvertretungsgesetz für den öffentlichen Dienst in Sachsen-Anhalt eingebracht. Das ist zum Beispiel ein Thema, welches im Bundestag derzeit unterrepräsentiert ist. Gerade bei diesem Thema wäre es wichtig, eine linke „Duftmarke“ zu setzten. Des Weiteren liegt mir das Thema Ehrenamt sehr am Herzen, welches zu stärken und weiter zu entwickeln ist.
Unser Harzer Wahlkreis ist geprägt durch den ländlichen Raum, der angesichts der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen steht. Ich möchte dazu beitragen, dass den Interessen, Sorgen und Nöten der Menschen im ländlichen Raum wieder mehr Gehör verschafft wird. Die laut Grundgesetz garantierten gleichwertigen Lebensverhältnisse stehen fast nur noch auf dem Papier, die Wege zur Arbeit, zum nächsten Arzt oder der weiterführenden Schule für die Kinder sind weit. Die kommunalen Finanzen müssen durch eine Gemeindefinanzreform gestärkt werden, damit die Kommunen im Zusammenwirken mit Förderprogrammen wieder in die Lage versetzt werden, in die Öffentliche Daseinsvorsorge und die kommunale Infrastruktur zu investieren.
Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Themen der kommenden Legislaturperiode und warum?
Es gibt viele drängende Probleme und Themen, die es anzupacken gilt. Davon drei herauszugreifen, fällt schwer. Ich habe die Vision von einer Welt ohne Krieg, ohne Rüstung, ohne Angst vor der Vernichtung der Lebensressourcen. Daher sehe ich die Schwerpunkte für die nächste Legislaturperiode darin, die Themen Wiederherstellung des Sozialstaates, die Überwindung der bis heute andauernden Benachteiligung Ostdeutschlands und ostdeutscher Biografien sowie eine auf Frieden und Sicherheit gerichtete Außenpolitik in den Mittelpunkt zu stellen.
Wie stehen Sie selbst zur Demokratie in Deutschland, gibt es da Veränderungsbedarf?
Ich möchte einen Beitrag für die Gesellschaft leisten in der ich lebe. Denn Demokratie lebt von den Menschen, die sie gestalten. Und ich möchte sie mitgestalten und viele Menschen mitnehmen, die sich aktuell von demokratischer Teilhabe ausgegrenzt und nicht mitgenommen fühlen. Elemente direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung müssen gestärkt werden, denn Demokratie besteht nicht nur daraus, sich alle vier oder fünf Jahre an Wahlen zu beteiligen.
Was halten Sie persönlich für das größte Problem in unserer Gesellschaft und wie wollen Sie das lösen?
Für mich persönlich ist die Friedenspolitik eine der entscheidenden Fragen in unserer Gesellschaft. DIE LINKE ist die einzige im Deutschen Bundestag vertretene politische Kraft, die eine klare Antikriegshaltung vertritt. Frieden ist für mich nicht nur die Abwesendheit von Krieg. Frieden ist eine Tugend, eine Geisteshaltung, eine Neigung zu Güte, Vertrauen und Gerechtigkeit.